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INTERVIEW

Elke Linda Buchholz befragte Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, im Juli 2009 nach dem Stand der Planungen für das Humboldt-Forum

Das Humboldt-Forum entwickelt sich in Richtung eines multifunktionalen Kulturzentrums. Welche Rolle spielen da die Sammlungen der Staatlichen Museen?

Parzinger: Die außereuropäischen Kulturen werden auf 24 000 Quadratmeter präsentiert, das ist etwas mehr als die Hälfte der Fläche. Entscheidend ist, dass wir die Sammlungspräsentation eng mit den anderen Bereichen verflechten.

■  Wie angekündigt alle 3 bis 5 Jahre die Ausstellungsbereiche neu zu gestalten kostet Geld.

Parzinger: Wir sind keine Utopisten. Es soll eine Vitrinenarchitektur entstehen, die bleibt. Aber wir wollen die Objekte austauschen, die Ausstellung neu bestücken: Das muss man von Anfang an mitdenken. In den kommenden 4 bis 5 Jahren bis zur Eröffnung des Humboldt-Forums wird sich noch viel weiterentwickeln. Wenn es erfolgreich funktioniert, wird es die Wahrnehmung außereuropäischer Kulturen künftig grundlegend verändern. Deshalb ist die modulare Entwicklungsfähigkeit so wichtig.

■  Wie passt ihr Konzept, in dem Bewegung ein zentraler Begriff ist, mit der starren Hülle des Schlosses zusammen?

Parzinger: Wir haben ja die Kubatur des Schlosses beibehalten. Das eignet sich ganz gut als Rundgang, der moderne Ostflügel ist dabei schon weiterentwickelt worden gegenüber dem Siegerentwurf. Auch dahin kommen Ausstellungsräume, damit ist der Rundgang geschlossen. Jetzt sind die einzelnen Nutzungsbereiche zum Teil noch additiv und wir wollen einen Weg finden, dies stärker zu integrieren. Im Herbst wird der überarbeitete Entwurf vorgestellt. Die Zusammenarbeit mit dem Architekten Franco Stella läuft sehr gut.

■  Wie stellen Sie die koloniale Vergangenheit und Erwerbungsgeschichte der Sammlungen dar?

Parzinger: Wie die Sammlungen zustande gekommen sind, wird natürlich ein Thema sein. Für uns Deutsche ist die koloniale Vergangenheit nicht so dominant ist wie für die Franzosen oder die Briten - wobei Sie im Musée du Quai Branly in Paris keine einzige Vitrine dazu finden. Aber wir werden das sehr wohl darstellen. Ebenso wichtig ist die große preußische Wissenschaftstradition, die bis zu Humboldt und Leibniz zurückgeht: Der Impuls, die Welt verstehen zu wollen, zu erforschen, zu begreifen.

■  Was hat man sich unter dem Humboldt-Forum als "Volkshaus" vorzustellen?

Parzinger: Das geht auf die Empfehlung der Historischen Kommission zur Gestaltung der Mitte Berlins zurück. Das Humboldt-Forum knüpft im Inneren auch an die Tradition des Palastes der Republik an. Es ist unser ganz großes Ziel, dass es nicht nur für Touristen oder bildungsbürgerliche Schichten ein attraktiver Ort wird, sondern möglichst für alle Menschen, von Schülern bis zu alten Leuten, quer durch alle Schichten. Deshalb bin ich sehr froh, dass die Landesbibliothek als eine der bestbesuchten Kultureinrichtungen Berlins mit dabei ist. Dann kann man vielleicht auch die verschiedenen Lager, die sich um das Humboldt-Forum gruppieren, versöhnen.

■  An welchen internationalen Häusern orientieren Sie sich?

Parzinger: Ich verweise gern auf das Centre Pompidou in Paris, das auf die moderne Kunst bezogen Ausstellungsbereiche, Bibliothek und Veranstaltungsräume zusammendenkt. Ansonsten orientieren wir uns in aller Welt, wo in den letzten zehn Jahren solche Kulturbauten entstanden sind. Was wir nicht wiederholen wollen: Eine Reexotisierung der außereuropäischen Kunst wie im Musée du Quai Branly. Da bekommt die außereuropäische Kultur nur dann eine Chance, ausgestellt zu werden, wenn wir Europäer sie als Kunst betrachten. Das halte ich für einen völlig falschen Zugang. Wir wollen auch zeigen: Was erzählen uns diese Objekte, etwa eine afrikanische Maske? Was steckt eigentlich dahinter? Vorbildlich am Musée du Quai Branly jedoch ist die wissenschaftliche Zusammenarbeit internationaler Forscher vor Ort an den Objekten der Sammlung. So etwas streben wir in den "Werkstätten des Wissens" an.

■  Ist dieses anspruchsvolle Konzept langfristig finanzierbar?

Parzinger: Wir sparen ja die Mittel am alten Standort der Sammlungen in Dahlem ein und investieren sie ins Humboldt-Forum. So ist es bei den anderen Nutzern auch. Natürlich wäre mehr Unterstützung wichtig, man kann nicht nur mit Low Budget erstklassige Arbeit machen. Aber ich denke, wir kommen auch so hin. Neu ist jedoch die Agora, der einladende Veranstaltungsbereich - und da weiß die Politik schon, dass es dafür nicht nur einen tollen Intendanten und ein paar Mitarbeiter braucht, sondern auch einen eigenes Budget. Das ist der entscheidende Punkt.

Erstdruck: STUTTGARTER ZEITUNG, 9. Juli 2009



In der Ausstellung im Alten Museum über das Humboldt-Forum, Juli 2009
© für Text und Fotos: Elke Linda Buchholz und Michael Bienert



 
Michael Bienert
Elke Linda Buchholz
Stille Winkel in
Potsdam


Ellert & Richter Verlag

Hamburg 2009

ISBN:
978-3-8319-0348-1

128 Seiten mit
23 Abbildungen und Karte Format: 12 x 20 cm; Hardcover mit Schutzumschlag
Preis: 12.95 EUR

 



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