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Wegeleitsystem im Kunstgewerbemuseum
© SMB / Achim Kleuker Kühle Sache Das Kunstgewerbemuseum am Kulturforum ist wieder eröffnet. Was hat das Architekturbüro Kuehn Malvezzi verändert? Von Elke Linda Buchholz Kühl, das ist der erste Eindruck, wenn man ins Foyer des nach drei Jahren Schließzeit wieder eröffneten Kunstgewerbemuseums am Kulturforum tritt. Nein, die Heizung ist es nicht. Sie funktioniert an diesem grauen Novembertag. Aber anheimelnd nimmt einen der spröde Bau auch nach dem Umbau von Kuehn Malvezzi nicht in Empfang. Nackte Betonsäulen, kalkweiße Wände und darauf grellgroße, rote Riesenlettern. Das Foyer, mit dem der Architekt Rolf Gutbrod den offenen Stadtraum ins Innere verlängern wollte, wirkt nach wie vor zu groß, zu hoch, zerfahren und trotzdem irgendwie bedrückend mit seinen niedrigen Geschossdecken und dem dazwischen aufklaffenden Treppenschacht, der sich sogleich in alle Etagen öffnet. Schon als der 1965 entworfene Bau mit zwanzig Jahren Verspätung in den Achtzigern eröffnete, empfand man ihn als Anachronismus, ein ungeschlachter Architekturdinosaurier im Stil des Brutalismus. Dieser rohe, klotzig-klare Stil erfreut sich zwar in jüngster Zeit plötzlich einer neuen Wertschätzung. Aber das ungeliebte Sorgenkind am Kulturforum, wie Generaldirektor Michael Eissenhauer den Musuemsbau nennt, wird wohl nie zum Berliner Liebling werden. Was also tun damit? Das Büro Kuehn Malvezzi nahm sich der Sache an – und entdeckte unverhofft seine Freude an dem sperrigen Stück Architektur. Mit weißen Verkleidungen versuchte das Team, die Qualitäten des Baus hervorzukehren. Sprich, die alte Stadtlandschaftsidee wieder zu reanimieren. Also: Jalousien hoch, mehr Licht ins Innere und mehr Klarheit in die Foyersituation wollten sie bringen. Das alte Wegeleitsystem, das nie funktioniert hatte, wurde abgeschafft, die Garderode von links nach rechts geräumt und wo früher der Buchshop stand, ist jetzt: nichts. Auch die umlaufende Studiengalerie der Ausstellungsebene, auf der man sich anschaulich und materialreich über die verschiedenen Techniken des Kunsthandwerks informieren konnte, sind spurlos verschwunden. Dafür schreien von den leeren Flächen des vertreppten Foyers jetzt mannshohe, rote Lettern: "Neue Kunst", "Alte Kunst", "Design" und "Mode". Wohin also zuerst? Am besten gleich hinein in den völlig neu geschaffenen Parcours zur Mode. Immerhin wurde dafür ein Riesenkonvolut historischer Kleider aus der Privatsammlung Kramer/Ruf angekauft. Aus dem blitzweißen Foyer geht es hinein wie in einen dunklen Kinosaal. Oder eher in einen geheimnisvoll abgedunkelten Schlauch, der die Besucher in labyrinthischen Windungen und Wegen ganz nah an den Vitrinen vorbeischleust. Darin stehen sie, auf maßgeschneiderten Figurinen, die glamourösen Kleider, Roben und Schuhe von Dior, von Poiret, von Elsa Schiaparelli. Eine tolle Inszenierung! Fast wie auf einem nächtlichen Flaniergang an erleuchtenden Schaufenstern entlang gestaltet sich der chronologische Weg durch die Jahrzehnte der Kleiderkunst in den vergangenen 150 Jahren. Mal schrill, mal schlicht, mal minikurz, mal bodenlang, mal pailettenglitternd, mal minimalistisch – immer stilsicher und manchmal auch zum Lachen. Im Halbdunkel darf der Besucher sich wegträumen in das Flair vergangener Zeiten und luxuriöser Empfänge, auf denen die Damen der Gesellschaft diesen Flitter trugen. Dann taucht man wieder auf, Ende der Vorstellung. Weit weniger inszenatorisch geglückt erschienen die übrigen Bereiche des Museums. Da macht sich Enttäuschung breit. Die mittelalterlichen Reliquiare aus Gold und Edelsteinen, die barocken Kunstkammerschränke, farbenprächtigen Renaissance-Majoliken und zarten Rokoko-Tässchen: Sie stehen alle wie eh und je an ihrem angestammten Platz. Unverrückt und unbehaust in einer Architektur, die für ihre Feingliedrigkeiten, ihren Materialzauber, ihren besonderen Charme keinen Sinn hat und keinen Wirkungsraum schafft. Gegenzusteuern versucht Direktorin Sabine Thümmler in der neu strukturierten Abteilung für den Jugendstil um 1900 sowie für das Design des 20. Jahrhunderts. Hier haben Kuehn Malvezzi "Räume im Raum" aufgestellt, also klobige Kabinette, in denen ausgewählte Einzelstücke zur Geltung kommen sollen. Klappt leider nicht ganz. Das trübe Altrosa für die Kunst um 1900 will nicht so recht mit dem Holzton der Jugendstilmöbel passen. Allzu einsam harren die vereinzelten Stühle, Schränke, Vasen und Schmuckstücke jetzt an ihren Plätzen aus. Sind sie nicht allesamt ursprünglich als Ensemble-Player konzipiert – um in der Ära von Gesamtkunstwerk, Lebensreformbewegung und allumfassenden Gestaltungsideen ganze Räume in jugendstilhafte Schwingung zu versetzen oder auch der neu entdeckten Strenge der Reformmöbels zu frönen? Natürlich besitzt das Kunstgewerbemuseum großartige Stücke, etwa Schmuck von Lalique, damals direkt auf der Pariser Weltausstellung angekauft, Vasen von Emile Gallé, Möbel von van de Velde, ganz zu schweigen von den Designklassikern des 20. Jahrhunderts. Aber die Neuaufstellung verschafft ihnen nicht den erhofften Glanz. Die neu angestrebte Klarheit des Ausstellungsdidaktik hat zudem einen hohen Preis für das Gros der Sammlung: Noch mehr der feinen Exponate als früher müssen jetzt im Depot bleiben. In der Hoffnung auf Sonderausstellungen, in denen sie vielleicht doch mal gezeigt werden können. Schade drum. Öffnungszeiten des Kunstgewerbemuseum und weitere Informationen Abendsandalette. Marshall & Snelgrove. Birmingham, um 1930. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum / Stephan Klonk, Fotodesign, Berlin |
Michael Bienert Kästners Berlin Literarische Schauplätze 160 Seiten, ca. 200 Abb. Verlag für Berlin und Brandenburg Berlin 2014, 24,99€ Mehr Informationen LESUNGEN MIT MICHAEL BIENERT So, 11. Januar 2015, 11 Uhr Kästners Berlin Theater im Palais Di, 17. Februar 2015 19.30 Uhr Kästners Berlin Tagesspiegel-Salon Anmeldung ab 21. Januar Fr, 13. März 2015 Kästners Berlin Buchmesse Leizig Sa, 11. April 2015, 10 Uhr Kästners Berlin Hugendubel Schloßstraße (Steglitz) Di, 14. April 2015 15.30 Uhr Kästners Berlin Urania |
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